Borghi, Renato

Renato BorghiRena­to Bor­ghi, gebo­ren 1939 in Rio de Janei­ro, grün­de­te wäh­rend sei­nes Jura-Stu­di­ums in São Pau­lo, gemein­sam mit Zé Cel­so und Mar­ti­nez Cor­rêa, das Tea­tro Ofi­ci­na – heu­te Tea­tro Ofi­ci­na Uzy­na Uzo­na- , dass auch in Deutsch­land durch zahl­rei­che Auf­füh­run­gen auf Thea­ter­fes­ti­vals bekannt gewor­den ist. Die Insze­nie­run­gen des Tea­tro Ofi­ci­na sind von der Idee der so genann­ten  „anthro­po­pha­gi­schen Ver­nunft” (Mario de And­ra­de) geprägt, d.h., alles kul­tu­rel­le Gut, das von den Kolo­nia­nis­ten, den Ein­wan­de­ren und von den euro­päi­schen Vor­bil­dern in die bra­si­lia­ni­sche Kul­tur ein­ge­flos­sen ist, wird schlicht­weg “kan­ni­ba­lisch” ver­speist, ange­eig­net und — ent­spre­chend der bra­si­lia­ni­schen Wirk­lich­keit — respekt­los aktua­li­siert. In die­sem Sin­ne ent­stan­den bahn­bre­chen­de Insze­nie­run­gen, die das Thea­ter in Bra­si­li­en revo­lu­tio­nier­ten — und eine wich­ti­ge poli­ti­sche Platt­form bildeten.

Bor­ghi war wäh­rend der Mili­tär­dik­ta­tur in den 1970er Jah­ren maß­geb­lich am Tea­tro de Resis­tên­cia betei­ligt, das die Büh­ne als Ort eines kri­ti­schen Dia­logs mit dem Publi­kum auf­recht erhielt. In den 1980er Jah­ren fand Rena­to Bor­ghi als Thea­ter­au­tor ein neu­es Betä­ti­gungs­feld; er schrieb acht Thea­ter­stü­cke, dar­un­ter 1987, O Lobo de Ray-Ban (deut­scher Titel: Der Wolf trägt eine Ray-Ban), das sich mit dem The­ma der Homo­se­xua­li­tät aus­ein­an­der­setzt. Es erhielt den Kri­ti­ker­preis von São Pau­lo. 2009 kam die weib­li­che Ver­si­on des Stücks, A Loba de Ray-Ban, zur Aufführung.

1993 grün­de­te Bor­ghi gemein­sam mit dem Regis­seur und Schau­spie­ler Elcio Noguei­ra Seixas die Thea­ter­grup­pe Promís­cuo, die er bis heu­te lei­tet. Dort hat er u.a. Onkel Wan­ja und Der Kirsch­gar­ten von Tsche­chow und Shake­speares Timon von Athen auf die Büh­ne gebracht. 2001 rief er die Mos­tra de Dra­ma­tur­gia Bra­si­lei­ra Con­tem­porâ­nea ins Leben, ein Fes­ti­val für Stücke jun­ger Thea­ter­au­torin­nen und Thea­ter­au­toren, das schon zahl­rei­che Talen­te her­vor­ge­bracht hat. Rena­to Bor­ghi war Mitir­ken­der in zahl­rei­chen Tele­no­ve­las und Fil­men, was ihn auch beim gro­ßen Publi­kum bekannt gemacht hat. 2006  über­nahm er die Rol­le des bra­si­lia­ni­schen Cau­dil­los, Getú­lio Var­gas, in Sil­vio Backs Film über Ste­fan Zweigs letz­ten Jah­re in Bra­si­li­en, Lost Zweig.