Die in Brasilien aufgewachsene Angela Meermann, Amerikanistin und Übersetzerin (Englisch und Portugiesisch) gründete 2011 mit dem Regisseur Tilo Esche den Zuckerhut-Theaterverlag mit Sitz in München, den sie seit Sommer 2014 alleine führt. Der Verlag bietet derzeit rund 60 brasilianische und deutschsprachige Stücke sowie Kinder- und Jugendstücke zur Aufführung an.
Neue brasilianische Stücke: urban und sambafrei
Zeitgenössische deutsche Dramatik ist, vertreten durch Autoren wie Heiner Müller oder Dea Loher, eine feste Größe auf brasilianischen Bühnen. Brasilianisches Theater ist hingegen im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unbekannt, sieht man von einigen spektakulären Auftritten bei Theaterfestivals ab. Wir wollen mit unserem Verlagsprogramm daran mitwirken, dass sich der Austausch in beide Richtungen weiterentwickelt: Mit der Lust am Experiment stellen wir Texte vor, die folkloristisch geprägte Erwartungen konterkarieren. Jenseits der Auseinandersetzung mit Themen, die von der politischen Geschichte des Landes und seinen gegenwärtigen sozialen Ungleichheiten geprägt sind, bietet die zeitgenössische Dramatik aus Brasilien Anlass zum Dialog über universelle gesellschaftliche Zustände und der totalen Ökonomisierung aller Lebensbereiche.
Ausgangspunkt für unsere Stückauswahl ist die Metropole São Paulo mit deren Theaterlandschaft der Verlag eng verbunden ist. Unsere Kontakte bieten uns Zugang zu außergewöhnlichen Texten, die in einem urbanen Zusammenhang stehen und entstehen. Wir wollen erfahren, wie sich brasilianische TheaterautorInnen mit ihrer Vergangenheit und gegenwärtigen Entwicklungen auseinandersetzen, wie sie ihr Umfeld analysieren, welche Visionen sie entwickeln und mit welchen ästhetischen Mitteln sie sie umsetzen– Kollisionen mit europäisch geprägten Erwartungen an das Theater, aber auch überraschende Parallelen, nicht ausgeschlossen.
Es bestehen überdies Verbindungen zu AutorInnen in anderen lateinamerikanischen Ländern – ein Netzwerk, das ständig wächst.
Deutschsprachige Dramatik: unerfreuliche Komödien über unkomische Verhältnisse
Postapokalytische Kaufhausdialoge, Existenzgründer-Raps, Helden im All und auf der Erde und die traurige Geschichte vom letzten Park der Stadt: Zeitgenössische deutschsprachige Dramatik aus dem Zuckerhut-Verlag ist beunruhigend gegenwärtig, dystopisch und komisch. Wir mögen Geschichten mit Biss und undidaktisch präsentiert, und arbeiten gerne mit AutorInnen zusammen, die unser besonderes Interesse an Großstadtthemen wie Einsamkeit, konfliktbeladene Beziehungen und die gesellschaftlichen Folgen historischer und politischer Entwicklungen teilen.
Stücke für ein junges Publikum: „Verrückte Märchen“ und schräge Klassik
Als unmittelbares Medium kann Theater direkt neue Lebenswelten schaffen, emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz entwickeln helfen. Unsere Kinder- und Jugendstücke erzählen Geschichten, die die hellen und dunklen Seiten der Welt auf phantasie- und humorvolle Weise reflektieren und interpretieren, über Figuren, die sich dem Leben stellen, auf die Suche begeben oder Widerstände überwinden müssen.
Foto: Cesar Barreto cidadeolimpica.com